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Der Tschad, der Sahel, Barkhane – die Waisen Idriss Déby Itnos

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Günther Lanier, Ouagadougou, 21.4.2021

Jetzt hat es also noch einen afrikanischen Staatschef erwischt. Und dieses Mal war es nicht Covid. Zuvor hatte “IDI“[1] sich 30 Jahre lang an der Macht halten können – im Teibsand der von Rebellen und “Clans“ geprägten tschadischen Innenpolitik ist das mehr als beachtlich. Am Vorabend der Bekanntgabe seines Hinscheidens waren die vorläufigen Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen vom 11. April veröffentlicht worden, die hatte er freilich schon im ersten Durchgang gewonnen, mit 79,32%. Dieses brillante Abschneiden ist auch darauf zurückzuführen, dass der Umgang mit Oppositionellen traditionell wenig zimperlich ist – einem wurde kurz vor den Wahlen die Mutter erschossen[2], er und mehrere andere traten in der Folge lieber nicht an[3].

Ende Jänner 2021 wurde bekanntgegeben, der Tschad sei das erste Land, das eine Umschuldung unter dem von den G20 am 13. November beschlossenen Common Framework for Debt Treatments beyond the DSSI[4] beantragt habe. Das zeigt weniger, dass autokratische Strukturen entschlussfreudig und -schnell sind, es spiegelt eher wieder, dass “der Tschad“ wenig Angst hat, sich dem Ausland auf Gedeih und Verderb auszuliefern. Andere[5] zögerten, waren sie der Zahlungsunfähigkeit auch nahe, um ihren Ruf auf den internationalen Finanzmärkten nicht zu gefährden. Doch die Herrscher des Tschad waren mit der über die Unabhängigkeit hinaus bestehenden Abhängigkeit von Frankreich (und später auch den USA usw.) nicht schlecht gefahren – Idriss Déby Itno war im Tschad beileibe nicht der Erste, der ohne Militärhilfe aus Paris schon lange vorher den Thron hätte räumen müssen.

Die Ökonomie ist ansonsten kein Thema, das viel behandelt wird, wenn es um den Tschad geht. Das Land findet sich beständig auf einem der letzten Ränge des Menschlichen Entwicklungsindexes wieder[6]. Lange vorbei sind die Zeiten[7], wo die Wüstenanbindung im Norden mit ihrem Karawanenhandel Reichtum schaffte. Für die französischen Kolonialherren war der Süden der “nützliche Tschad“ (Tchad utile). Sie betrieben vor allem den Baumwoll-Anbau – bis zum heutigen Tag ist Baumwolle auch ein wichtiges Exportgut. Dann gab es kurz Hoffnung auf Wohlstand: Länger schon war bekannt, dass es im Süden Erdöl gibt – gefördert wird es seit 2003, als die teilweise mit Weltbank-Krediten finanzierte Pipeline, die den Förderort Doba mit Kribi in Kamerun verbindet, fertig wurde. Wie so meist bei Boden“schätzen“ kam auch das tschadische Öl nicht der Bevölkerung im Allgemeinen zugute, sondern einigen wenigen[8] (und mittlerweile sind noch dazu die Preise im Keller). Nach offiziellen Angaben leben 42% unter der Armutsgrenze. Angesichts großer Ungleichheiten und ubiquitärer Korruption zerrüttet das die soziale, die nationale Kohäsion.

Das große Atout des Tschad ist sein Heer.

Weiterlesen auf: https://www.africalibre.net/lang/deutsch/startseite.php?page=3

* * *

Endnoten:

[1] Das dem Artikel vorangestellte Foto zeigt Idriss Deby Itno 2012, Foto Rama März 2012, zugeschnitten GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Idriss_Deby_Itno_IMG_3618.jpg.

[2] Es handelt sich um Yaya Dillo, bizarrerweise ein Neffe von Idriss Déby und ein Zaghawa wie er. Die Mutter war nicht die einzige Tote bei den Kämpfen im Zuhause Yaya Dillos, ein Neffe von ihm und vielleicht noch weitere drei Personen kamen ebenfalls um. Siehe z.B. RFI, Tchad: l’opposant Yaya Dillo exfiltré de son domicile par des proches, RFI 1.3.2021, https://www.rfi.fr/fr/afrique/20210301-tchad-l-opposant-yaya-dillo-exfiltr%C3%A9-de-son-domicile-par-des-proches.

[3] Siehe z.B. Madjiasra Nako, Tchad: la liste des candidats à la présidentielle publiée, des opposants se désistent, RFI 4.3.2021, https://www.rfi.fr/fr/afrique/20210303-tchad-la-liste-des-candidats-%C3%A0-la-pr%C3%A9sidentielle-publi%C3%A9e-des-opposants-se-d%C3%A9sistent.

[4] Gemeinsamer Rahmen für Umgang mit Schulden jenseits des DSSI. DSSI wiederum steht für Debt Service Suspension Initiative (Schuldendienstsuspendierungsinitiative), das von den G20 im April 2020 beschlossen worden war, damit arme Länder ein bisschen Extra-Geld für Maßnahmen gegen Covid hätten. Genaueres unter erlassjahr.de, Entschuldungsinitiativen, o.D., https://erlassjahr.de/themen/entschuldungsinitiativen-hipcmdri/.

[5] Die Struktur der tschadischen Auslandsverschuldung hilft hier auch. Das Land hat keinerlei Eurobonds ausgegeben – und hat das wohl auch nicht vor (gehabt). Siehe erlassjahr.de, Tschad: Umschuldung unter dem Common Framework for Sovereign Debt Restructuring der G20, 29.1.2021, https://erlassjahr.de/news/tschad-umschuldung-unter-dem-common-framework-for-sovereign-debt-restructuring-der-g20/.

[6] 2020 war es auf dem 187. oder vorvorletzten Platz, hinter Burundi und Südsudan, vor der Zentralafrikanischen Republik und Niger.

[7] Einst bestanden hier die Wadai- und Kanem-Reiche. Zu Letzterem siehe auch das alte Borno- bzw. Borno-Kanem-Reich, das einer der Bezugspunkte von Boko Haram ist. Siehe das jüngst herausgekommene International – Im Fokus 03/2021: Günther Lanier, Wo es keine Perspektive gibt: Boko Haram oder das Versagen des Anti-Terror-Kampfes, Wien 16. April 2021; herunterladbar unter https://international.or.at/wp-content/uploads/2021/04/ImFokus_3_2021-end.pdf.

[8] Die Weltbank, sonst eher als Freundin der Reichen bekannt, hatte die Armutsbekämpfung zur Bedingung ihrer Kreditzusagen an den Tschad gemacht. Das klappte so wenig, dass 2006 neu verhandelt werden musste.

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